Thema: Fanszene
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Alt 02.04.2019, 21:11
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Michi Müller Michi Müller ist offline
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Zitat von tivolino Beitrag anzeigen
Aber im Ernst: Ich denke, dass wir es hier mit einem klassischen Generationenkonflikt zu tun haben. Es ist sicher kein Zufall, dass es sich bei denjenigen, die hier am heftigsten über den Ultra-Singsang mosern, um jene Herrschaften handelt, die gleichzeitig betonen, schon seit 55 oder 60 Jahren zur Alemannia gehen.

Es ist ja auch bitter: Da ist man selber krummbuckelig in seiner Plastiksitzschale festgetackert, das künstliche Hüftgelenk schmerzt, das verdammte Knie zwickt. Und die permanente Trommelei bringt die Einstellungen des Hörgeräts wieder mal ganz durcheinander.
Das allerschlimmste: dieser gemeine "Steht auf, wenn ihr Aachener seid"-Sprechchor. Prompt erheben sich die Deppen vor einem, versperren einem die Sicht und zwingen einen damit dazu, sich widerwillig selber aufzuraffen. Man will, um anschließend im Altherrenforum mitmeckern zu können, schließlich durch die eigene Hornbrille sehen, wie der blinde Imbongo da unten die nächste Hundertprozentige versemmelt. Sach ich ja immer wieder: Ohne echten Knipser wird das nie was.
Aber bis man die müden Glieder dann endlich hochbekommen hat, sitzen die anderen längst schon wieder. Und von hinten hört man: "Is ja gut, Opa, pflanz' dich endlich wieder hin, wir sehen nix."

Und wenn man dann als einziger so im O5 rumsteht, hat man freien Blick nach links mitten in den S3. Und dann sieht man sie wieder: Horden von jungen Menschen, fast alle zwei Generationen jünger man selbst. Und was fällt denen einen? Die singen, tanzen, hüpfen, wedeln, trommeln, trinken, feiern. Ganz ohne Pause. Zweimal 45 Minuten lang. Manchmal sogar ganz ohne spielbezogenen Anlass. Sondern einfach nur so. Weil sie es so lange können, ohne schlappzumachen. Und weil's ihnen Spaß macht. Impertinent! Ein Fußballstadion ist doch kein Ort, wo jeder das Spiel einfach so genießen kann, wie es einem gefällt. Wo kommen wir denn da hin?

Kann man so sehen. Das Dumme an der Sache: Die Erfahrung lehrt, dass die alten Knacker bei solchen Generationenkonflikten am Ende meistens den Kürzeren ziehen, weil die Jungen einfach ihr Ding durchziehen und auch noch umso mehr Spaß dran haben, je mehr die Ollen sich aufregen. Genau diesem ehernen Generationengesetz verdanken wir den Rock'n'Roll, den Minirock, den Punk, die Ultrakultur und einiges mehr.
Widerstand ist zwecklos, jedenfalls von unserer Seite aus. Irgendwann werden die Ultras natürlich trotzdem verschwinden. Aber nicht, weil sie vor den Alten kapitulieren, sondern weil sie von der nächsten Fan-Generation aufs Abstellgleis geschoben werden.

Uns hilft da nur eines: Ein bisschen mehr Gelassenheit entwickeln - solange es die Jungspunde nicht allzu wild treiben. Pyro, Nazikacke und Vandalismus sind verboten, tanzen, singen, wedeln, hüpfen nicht. Und notfalls kann der Altklügere ja auch mal nachgeben und sich ein Plätzchen in sicherer Entfernung suchen, wo er in seiner Art des Fußballguckens nicht allzu sehr gestört wird. Unser Stadion ist doch groß genug für Ultras und Normalos.
Es steht den älteren Herrschaften auch durchaus frei einen neuen Fanclub "Rollator-Gang" zu gründen, sich in einem Block zusammenzuraffen und wieder ein langgezogenes "AAAAAAACHEEEEEEN... AAAAAAAACHEEEEEEEN..." zu brüllen
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