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Alt 31.07.2018, 11:43   #3717
Blackthorne
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Zitat von tivolino Beitrag anzeigen
Dass du den Begriff "externer Geldgeber" und den Namen Uerdingen in einem Atemzug bzw. einem Satz nennst, ist vielleicht ein wenig irreführend. Jedenfalls fungiert Ponomarev in Uerdingen nicht als externer Geldgeber. Vielmehr hat er sich die Uerdinger Fußball-GmbH gekauft, und der Verein KFC hat ihm seine Fußball-GmbH verkauft - komplett, mit Haut und Haaren und allem Drum und Dran. Eigentümer bzw. Muttergesellschaft ist nicht mehr wie bei uns noch der e.V., sondern Ponomarevs Entertainment-GmbH, der 97,5 Prozent der Kapitalanteile an der Spielbetriebs-GmbH gehören. Er ganz allein bestimmt (trotz 50+1), wieviel Geld wofür ausgegeben wird und wofür nicht. Er investiert nicht von außen in den KFC, sondern er investiert in seine eigene Firma. Mehr "intern" geht kaum, zumal er als Vereinspräsident auch der Alleinherrscher im Klub ist. Zu "Externen" geworden sind der Verein und seine Mitglieder, die jeglichen Einfluss auf "ihren" Profi-Fußball abgegeben haben. Er gehört ihnen schlicht und einfach nicht mehr.

Nun kann man sagen: Ist doch egal, Hauptsache Ponomarev hat den KFC mit seinem Geld nach oben gebracht. Abwarten!

In Liga 3 laufen derzeit vier interessante Feldversuche mit Investoren, außer beim TSV 1860 München, den ich angesichts des kaum noch durchschaubaren Durcheinanders in der Folge mal außer Acht lasse, noch bei Fortuna Köln, wo die Investoren-GmbH DFC 99,75 Prozent der Anteile besitzt, und bei CZ Jena, wo Duchalets GmbH über 95 Prozent verfügt.
Zwar gibt es in Köln, Jena und Uerdingen den relativen Erfolg des Aufstiegs in die 3. Liga. Aber das sind bislang alles nur Momentaufnahmen. Überall werden rote Zahlen geschrieben, nirgendwo ist das eigentliche erklärte Ziel der Investoren, irgendwann Geld mit ihren Fußballfirmen zu verdienen, bisher erreicht worden.
Deshalb müssen sich die Fans dort ständig die bange Fragen stellen, wie lange die Geldgeber noch Geld reinbuttern werden, ohne Profit zu erzielen. Bei Fortuna wurde schon unverblümt gesagt, dass der Ofen im Falle eines Abstiegs sofort aus sei. Einfluss darauf haben die Vereine nicht mehr; sie haben sich und ihre Fußball-Sparten komplett und für immer den Investoren ausgeliefert und laufen Gefahr, dass der Geldhahn von heute auf morgen zugedreht wird. Oder dass die Eigentümer unter Inkaufnahme des sportlichen Niedergangs die besten Spieler verkaufen, um schnell Kasse zu machen. Oder dass sie ihre Anteile ganz oder teilweise an noch windigere Investoren weiterverkaufen. Oder dass sie irgendwann ihre Darlehen zurückverlangen, was vor allem für Jena ein Problem werden könnte. Oder dass sie etwaige Gewinne einfach abschöpfen, statt vielleicht dringend nötige Investitionen in den Kader oder die Infrastruktur zu pumpen.
Für letzteren Punkt hat bei Hannover 96 sich gerade ein nettes Beispiel ergeben. Dort hat ein kleiner Anteilseigner das Agreement, Gewinne stets wieder zu reinvestieren, gebrochen und vor Gericht erstritten, dass ihm sein Gewinnanteil ausbezahlt wird. Würden dies bei den anderen Eignern Schule machen, hätte Hannover schnell ein "massives Problem", jammert nun der Geschäftsführer.
Spannend wird die Geschichte, wenn Uerdingen tatsächlich den Aufstieg in die 2. Liga packt. Was macht Ponomarev, wenn er feststellt, dass das Geld auch dort nicht so sprudelt wie erhofft und dass er trotz TV-Geld und höheren Sponsoreneinnahmen weiter zubuttern müsste? Und falls tatsächlich Gewinne erzielt werden sollten: Während selbstbestimmte Klubs solche Gewinne reinvestieren können, könnte Ponomarev sie einsacken und den Klub nur so lange am Existenzminimum überleben lassen, bis er ihn völlig ausgepresst hat. Irgendwann Geld zu verdienen, ist schließlich sein erklärtes Ziel.

Vielleicht kommt aber auch alles ganz anders: Der KFC verdient in der 2. oder gar in der 1. Liga dauerhaft so viel Geld, dass Ponomarev ruhig regelmäßig ein paar Milli****** absaugen kann und der Verein und die Fans trotzdem ein kerngesundes Profi-Dasein in höheren Regionen genießen dürfen. Das ist zwar bisher bei Vereinen unserer Kragenweite noch nie passiert, aber theoretisch möglich ist es ja trotzdem. Aber wie gesagt: Realität sind im Moment die 3. Liga und rote Zahlen.
Kurzum: Die derzeit in der 3. Liga laufenden Geldgeber-Projekte sind ganz gefährliche, von den Vereinen selbst kaum noch zu beeinflussende Spiele mit dem Feuer und mit einem absolut ungewissen Ausgang. Gut, dass so was bei uns im Moment nicht akut ist und dass wir das Ganze aus der Beobachterposition verfolgen können.

Da lobe ich mir doch unser Modell - wir schaffen es, auch ohne die von dir beschriebenen Risiken externer Geldgeber kurz hintereinander zweimal in die Insolvenz zugehen (was die Frage erlaubt, was sich wohl verschlimmern würde, wenn wir einen externen Geldgeber hätten, der dann irgendwann die Lust verlieren sollte, weiter Geld in "seinen" Verein zu pumpen).


Fakt ist auf jeden Fall, dass die Leute in Uerdingen Drittligafußball sehen können und wir nicht.


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