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Alt 20.10.2022, 11:14
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Erwin Erwin ist offline
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Zitat von Zaungast Beitrag anzeigen
Für mich ist das Thema Alemannia beendet. Mit der Kilic-Entlassung aus heiterem Himmel ist in mir etwas zerbrochen.

Der erste Knacks war die Schubert-Entlassung. Endlich mal jemand, der der hiesigen Gemengelage zum Trotz solide Ergebnisse liefert. Und dann schmeißt man ihn, obwohl (oder weil?) er weit mehr als das Saisonziel erreichte. Das gibts auf keinem Schiff, daß man sich selbst den Boden unter den Füßen wegreißt! Aber bei der Alemannia gibt man die x-te Wiederauferstehung des Klömpchensclubs. Jeden, der nicht von jetzt auf gleich das Unmögliche schafft, gehört bei erster Gelegenheit vom Hof gejagt. Oder irgendjemand aus Kilics Dunstkreis hat irgendjemandem aus dem Klömpchensdunstkreis das Förmchen benetzt, und das schreit nach Vergeltung. Hier wird sich nie etwas ändern. Genau deshalb steckt der Verein in der vierten Liga fest. Wer es über zehn Jahre schafft, jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer gegen illusorischen Aktionismus zu einzutauschen, ist genau da, wo er hingehört.

Daß die Fanseele, inbesondere die alemannische, manisch-depressiv reagiert, ist ja nichts Neues. Nach einem Sieg ist der Aufstieg nur noch Formsache, nach einer Niederlage ist der Abstieg besiegelt. Geh mir weg mit 38 Spieltagen, noch vor dem zehnten ist alles gelaufen.
Aber von der Führungsetage sollte man einen klaren Kopf erwarten. Stattdessen jetzt mit Kilic, der absolut im Soll lag, dasselbe unsägliche Spiel wie damals bei Schubert. Vergessen die hochheiligen Schwüre nach der vorigen Saison, diesmal nicht überzuschnappen, sondern einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Nein, stimmt, das ist kein Überschnappen mehr – das ist gewaltig am Rad drehen. Wenn ich als Aufsichtsrat erfahre, daß es zwischen den Leuten, über die ich die Aufsicht führe, knirscht, dann rede ich doch zuerst mit beiden Seiten. Stattdessen klopft man sich selbst auf die Schulter, man sei "sogar bis nach Bergisch-Gladbach gefahren, um mit Hohl zu sprechen". Aber zu Kilics Büro im eigenen Haus war der Weg unzumutbar weit?

Was immer da gelaufen ist, stinkt so massiv zum Himmel, daß die Verantworlichen es nicht einmal selber riechen wollen. Davon zeugt das tagelange tosende Schweigen nach Vollzug wie auch der jüngste AN/AZ-Podcast. Man hat nichts mitzuteilen, weil es nichts mitzuteilen gibt. Stattdessen die üblichen Floskeln "Alemannia-DNA", "Mehr aus der Mannschaft herausholen", "Niemand ist größer als der Verein" raushauen. Man hofft wohl, daß sich in den zahlreichen Vermutungen des fassungslosen Publikums eine genehme Meinungstendenz verfestigt, auf die man dann aufspringt. Oder daß die Aufregung irgendwann ins Leere verpufft und das Fußvolk (mit nun weniger Enthusiasmus, aber dennoch) bei der Stange bleibt. Merkelism at its best.
Oder vielleicht ist es auch ganz banal ein Räuberstück. Die aktuellen Teuerungen sprengen den Etat uneinholbar und jemand mit zuviel Geld in Lauerstellung nutzt die Gelegenheit, seine Bedingungen zu diktieren.

Wie auch immer, ich bin raus.



Soweit bin ich noch nicht ganz, auch wenn ich zu meinem eigenen Erschrecken feststellen muss, wie gleichgültig mir manche Sachen geworden sind... Da hilft mir nichtmal mehr Ironie und Sarkasmus weiter.
Man nimmt vieles mittlerweile komplett emotionslos hin.



Normalerweise würde ein neuer, ehrgeiziger Trainer mit markanten Worten (offensiv pressen, spektakulärer Fußball...) in mir den (eigentlich) unterschütterlichen Optimismus auf eine bessere Zukunft neu entfachen.



Aber irgendwie hat man das in den letzten 20 Jahren schon so oft gehört, dass ich auf dem Ohr taub geworden bin. Ich würde wetten in spätestens 1,5-2 Jahren kommt der nächste komplette Umbruch und der nächste Trainer/Sportdirektor/Geschäftsführer der will, dass die Gegner Angst haben, wenn sie zum Tivoli müssen und die gegnerischen Trainer nach dem Spiel sagen mit einem 2:0 oder 3:0 sind wir noch gut bei weg gekommen.



Die Entlassung von Kilic ist einfach nur ein neuer (negativer) Höhepunkt des Größenwahns. Immer wenn es einigermaßen läuft kommt einer und will "professionelle Strukturen" schaffen, damit wir gut aufgestellt sind, wenn wir demnächst wieder regelmäßig im Europapokal spielen.

Nicht allein die Entlassung ist das was mich wirklich stört, sondern der Zeitpunkt. Hätte man nach der erfolgreich abgeschlossenen letzten Saison gesagt: "Hör mal Fuat, du hast das prima gemacht, wir sind dir zu tiefstem Dank verpflichtet, aber wir haben uns damals ja nicht ohne Grund getrennt: Wir möchten nicht die alten Fehler wiederhole und wollen deswegen in die neue Saison mit einem neuen, jungen Trainer gehen, dem wir "den nächsten Schritt" zutrauen."

Kein Mensch hätte ernsthaft was dagegen argumentieren können... Aber so wie es gelaufen ist, wirkt es einfach nur planlos und eben größenwahnsinnig.



Mir persönlich würden ein oder zwei entspannte Regionalligasaisons mit Platz 6 völlig ausreichen, solange Spieler wie Heinze, Mause, Uzelac und Bajric auf dem Platz stehen, die für uns im wahrsten Sinne des Wortes die Knochen hinhalten.



Das sind Spieler, mit denen man sich identifizieren kann, wegen denen man gerne ins Stadion geht. Und Kilic passte einfach mit seiner emotionalen Art sehr gut dazu.




Wer im Winter Heizkosten sparen möchte sollte sich den Podcast von gestern in Dauerschleife anhören. So viel heiße Luft bekommt man sonst nirgends zu dem Preis.
Das einzige wirklich interessante war, dass (ich glaube Eller war es) mehr oder weniger offen zugegben wurde, dass man Kilic im Dezember zugesichert hatte, dass er im Rahmen seiner Kompetenzen und des Finanzierungsvorbehaltes im sportlichen Bereich alleine entscheiden darf. Ein paar Wochen später wurde Hohl als Sportdirektor und Kilics Vorgesetztem verpflichtet. Ich denke das sagt schon eine Menge aus. Wenn man dann bedenkt, das Kilic trotz diesem Vertrauensbruch geblieben ist, und wenn man ihm glaubt, dass die Entlassung für ihn völlig unerwartet kam, würde es mich wundern, wenn Kilics Verhalten für diese Trennung ursächlich wäre.



Andererseits neigt man (insbesondere ich) aber auch gerne dazu, die Vergangenheit zu glorifizieren. Das ist natürlich auch falsch. Natürlich gibt es in vielen Bereichen Luft nach oben, aber die vergangene Saison hat ja gezeigt, dass es auch deutlich Luft nach unten gibt.



Irgendwer hat das mit einer Operation am offenen Herzen verglichen. Nach der Operation kann man entweder wieder professionell Sport treiben oder man ist tot...



Ein Herzschrittmacher hingegen verbietet einem zwar realistischerweise Profisport zu betreiben, garantiert es aber (nahezu) noch einige schöne Jahre erleben zu dürfen...
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"Wenn du als Trainer Erfolg hast, kannst du die Spieler auch im Training Purzelbäume schlagen lassen und alle Experten stehen daneben und klatschen Applaus!" (Hans Meyer)
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